2. NAVICARE-Workshop Frühjahr 2018

Die Koordination der Versorgung von multimorbiden Patienten nimmt eine immer größer werdende Rolle im Berufsalltag aller beteiligten Akteure ein. Unter der Überschrift …

„Patientennavigation – Konzepte und hausärztliche Perspektive“

fand am 22.02.18 der 2. NAVICARE-Workshop statt.

Gruppenaufnahme der Workshop-Teilnehmer (Foto: Charité/Baar)

„Patient Navigation: the National Cancer Institute Perspective"

Den Auftakt der Veranstaltung bildete die Keynote-Lecture von Dr. Worta McCaskill-Stevens, Direktorin der „Community Oncology and Prevention Trials Research Group” am National Cancer Institute (NCI) in den USA.

Unter dem Titel „Patient Navigation: the National Cancer Institute Perspective” gab Dr. McCaskill-Stevens zunächst einen Überblick über die Entstehung von Patienten-Navigation-Modellen in den USA. Zur Entwicklung eines Navigation-Modells für PatientInnen mit Krebserkrankungen initiierte das NCI 2007 das „NCI Patient Navigation Research Program”, welches jedoch nur an spezialisierten Zentren in den USA durchgeführt wurde.

Das „NCI Community Oncology Research Program (NCORP)” bezieht seit 2014 als „Academic/Community Partnership” auch die lokalen Versorgungsstrukturen in den Gemeinden mit ein. So können auch Erkenntnisse zur Prävention, Diagnostik und Therapie von Krebserkrankungen bei Minderheiten sowie in unterversorgten Gemeinden gewonnen werden.

Dr. W. McCaskill-Stevens, National Cancer Institute (USA) (Foto: Charité/Baar)

Koordination und Multiprofessionalität aus der hausärztlichen Perspektive

Die Koordination innerhalb der Allgemeinarztpraxis sowie Modelle multiprofessioneller Zusammenarbeit waren die Themen der folgenden drei Vorträge.

Frau Dr. Erler vom Institut für Allgemeinmedizin der Universität Frankfurt berichtet über die Arbeit von sog. „Family Health Teams”, die bereits in der kanadischen Provinz Ontario etabliert sind. „Family Health Teams” übernehmen die ambulante medizinische Versorgung und setzen sich aus verschiedenen Professionen zusammen. Frau Dr. Erler konnte die Arbeit der „Family Health Teams” auch vor Ort kennenlernen und berichtete, dass die Zusammenarbeit innerhalb des Teams durch flache Hierarchien und einen guten Informationsaustausch geprägt ist.

Sie wies jedoch auch darauf hin, dass die Ausgestaltung der medizinischen Professionen in Kanada Unterschiede zu Deutschland aufweist. Das Modell der „Family Health Teams” ist daher nicht direkt auf das deutsche System übertragbar. Jedoch bietet der Ansatz der Versorgung durch das multiprofessionelle Team Potenziale, die für deutsche Gesundheitssystem interessant sind.

Dr. A. Erler, Universität Frankfurt (Foto: Charité/Baar)

Im Anschluss präsentierte Herr Prof. Peters-Klimm vom Universitätsklinikum Heidelberg die Ergebnisse der Studie „Hausarzt-basiertes Case Management für chronisch kranke Patienten (PracMan)”. PracMan beinhaltet ein indikationsübergreifendes, Hausarzt-basiertes Case Management, in dem eine speziell geschulte medizinische Fachangestellte Aufgaben in der Koordination der Versorgung, im Assessment sowie im Monitoring übernimmt. Das Angebot richtet sich an multimorbide PatientInnen mit mindestens einer Indexerkrankung (COPD, Herzinsuffizienz und/oder Diabetes mellitus Typ 2), die ein erhöhtes Risiko für eine stationäre Aufnahme haben. Durch diese Maßnahmen konnten u.a. eine Verbesserung der psychischen und physischen Lebensqualität der Patienten sowie eine Stärkung der Teamstruktur erreicht werden. PracMan ist bereits in Baden-Württemberg in die Regelversorgung übernommen worden.

K. Koch (Norwich), Workshop-Teilnehmer, Dr. S. Döpfmer (Charité), Prof. Dr. Ch. Heintze (Charité) (v.l.n.r., Foto: Charité/Baar)

Den Abschluss der Präsentationen bildeten Einblicke in den Praxisalltag des deutschen Hausarztes Klaus Koch, der eine Praxis in Großbritannien betreibt. In Anbetracht des sehr hohen Patientenaufkommens in der medizinisch unterversorgten Region Norfolk ist es unverzichtbar, ärztliche Aufgaben an andere Professionen zu delegieren. Hierzu gehören z.B. die sog. „Physician Associates”, die nach einer postgradualen Weiterbildung sämtliche ärztliche Aufgaben mit Ausnahme der Verschreibung von Medikamenten übernehmen können. Der landesweite Informationsaustausch zwischen Ärzten, aber auch mit den Apotheken, wird außerdem durch ein integriertes Computersystem erleichtert.

Zusammenfassung und Diskussion

Zusammenfassend betonten alle ReferentInnen, dass die interdisziplinäre Zusammenarbeit und der ungehinderte Informationsaustausch zwischen den beteiligten Berufsgruppen eine unabdingbare Voraussetzung für die Koordination der Patientenversorgung ist.

Im Anschluss an die Vorträge bestand die Möglichkeit zur ausführlichen Diskussion. So kamen HausärztInnen, WissenschaftlerInnen und auch Stakeholder miteinander ins Gespräch und diskutierten über mögliche Ansätze für die Verbesserung der Patientennavigation. Die rege Beteiligung verdeutlichte den hohen Bedarf und das Interesse am Thema „Patientennavigation” und gab neue Impulse für die Arbeit im NAVICARE-Netzwerk.

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